Diskriminierungsopfer der anderen Art: Weiß, männlich, jung
30. Juni 2009 von Corinna Budras | 5 Lesermeinungen Karo teppich Cm Grau80 X Inoutdoor 150 67YvIbgmfy
Wer wissen möchte, welche Sprengkraft das Gleichbehandlungsgesetz in Deutschland noch entfalten könnte, sollte hin und wieder mal einen Blick in das Mutterland der Antidiskriminierung werfen: In den Vereinigten Staaten hat der Oberste Gerichtshof am Montag einen aufsehenerregenden Fall entschieden, in dem die Diskriminierungsopfer einmal ganz anders aussahen als sonst: Geklagt hatten achtzehn Feuerwehrmänner aus Connecticut - bis auf einen lateinamerikanischen Einwanderer waren alle Kläger weiß und männlich.
Wer wissen möchte, welche Sprengkraft das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Deutschland noch entfalten könnte, sollte hin und wieder mal einen Blick in das Mutterland der Antidiskriminierung werfen: In den Vereinigten Staaten hat der Oberste Gerichtshof am Montag einen aufsehenerregenden Fall entschieden, in dem die Diskriminierungsopfer einmal ganz anders aussahen als sonst: Geklagt hatten achtzehn Feuerwehrmänner aus Connecticut – bis auf einen lateinamerikanischen Einwanderer waren alle Kläger weiß und männlich.
Das Verfahren von Frank Ricci und seinen Kollegen ist deshalb so skurril, weil es um einen Fall der „umgekehrten Diskriminierung“ ging: Die Kläger hatten an einem Test für Feuerwehrmänner teilgenommen, mit dem die Stadt New Haven entscheiden wollte, wen sie in der nächsten Runde befördern soll. Obwohl an diesem Test auch zahlreiche Afro-Amerikaner und Latinos teilnahmen, sah die Riege der Erfolgreichen nach der Auswertung der Tests ziemlich eintönig aus: Die notwendige Punktzahl erzielten fast ausschließlich weiße Männer. Der Stadt war diese Einfältigkeit äußerst unangenehm. Sie fürchtete Diskriminierungsklagen der nicht berücksichtigten Minderheiten und annullierte das Testergebnis – mit dem Resultat, dass sich nun die enttäuschten weißen Kandidaten benachteiligt fühlten.
Das sah auch die Mehrheit der obersten Bundesrichter so: In ihrem Urteil warfen sie der Stadt vor, gegen das Verbot der Diskriminierung am Arbeitsplatz verstoßen zu haben, und verwiesen den Fall wieder zurück an die untere Instanz. Dort müssen die Richter nun entscheiden, ob die abgelehnten Bewerber tatsächlich befördert werden oder Schadensersatz erhalten. Ein Arbeitgeber könne nur dann die Ergebnisse eines Tests verwerfen, wenn es deutliche Hinweise gebe, dass der Test Minderheiten benachteilige, betonte der Gerichtshof. Das sei im Fall der Feuerwehrmänner allerdings nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil: Die Stadt habe im Vorfeld lateinamerikanische und afro-amerikanische Kollegen bei der Gestaltung der Tests mit einbezogen.
Wie delikat die Entscheidung ist, zeigt sich auch am denkbar knappen Ausgang: Während fünf Richter von einer Diskriminierung überzeugt waren, hielten die verbleibenden vier dagegen. Es gebe substantielle Hinweise auf mehrere Fehler in dem Test, der aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil bestand, schrieb Richterin Ginsburg in ihrer abweichende Meinung. New Haven hätte andere praktische Prüfungen in Betracht ziehen müssen, mit denen Führungsstärke und zwischenmenschliche Fähigkeiten der Kandidaten getestet werden könnten. Zudem habe in diesem Berufsstand die Rassendiskriminierung eine besonders lange Tradition. Mit anderen Worten: Mit einiger Wahrscheinlichkeit wäre auch eine Klage der afro-amerikanischen Kandidaten erfolgreich gewesen, wäre ihnen die Stadt New Haven nicht zuvor gekommen.
Was bleibt, ist ein neues Grundsatzurteil, das wohl in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut wird – und die bittere Erkenntnis, dass sich der Arbeitgeber in einigen Situationen selbst bei größter Redlichkeit schlicht nicht regelkonform verhalten kann. Irgendeiner wird eben immer diskriminiert.
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